„Die schrullige, aber liebenswerte Tante“

In Muirfield findet die 142. Open Championship statt …

Der Wind ist eigentlich immer im Spiel. Das Wasser als Kulisse sowieso. Oft auch als Niederschlag. Auf dem spröden Sandboden springen die Bälle Trampolin zwischen Ginster und Rispengräsern. Flach schlagen ist ein Muss, hoch gewinnen vor allem eine Frage der Witterung. „Links golf“, sagt der britische Autor David Worley, „is real golf.“ Das muss man nicht übersetzen.

Es ist Open-Championship-Woche. Die weltbesten Professionals und ihre Entourage gastieren auf dem Boden, auf dem das Spiel entstand; spielen Golf, wie es ursprünglich gemeint war. Im Ausland hat sich auch The British Open eingebürgert: Das älteste Golfturnier der Welt, im Kalender das dritte der insgesamt vier Majors eines Jahres, das einzige davon in Europa, „die schrullige, aber liebenswerte Tante“, wie der US-Kolumnist Rick Reilly es nennt – und bei den Golfpuristen das Turnier schlechthin. Weil Linkskurse für sie eh die einzig wahren Golfplätze sind.

The Claret Jug: Als Siegertrophäe der Open die begehrteste Kanne der Welt. _ _ _ Quelle: http://www.facebook.com/kylephillipsgolfcoursedesign

The Claret Jug: Als Siegertrophäe der Open die begehrteste Kanne der Welt.

Seit 1860 wird The Open Championship gespielt, zuerst nur in Schottland, ab 1894 auch auf englischem Boden, immer mit dem Finaltag am dritten Juli-Sonntag. Heuer zum 142. Mal. Neun Plätze alternieren mittlerweile als Gastgeber der Open. Klangvolle, legendäre Namen allesamt. Diesmal ist Muirfield dran auf dieser sogenannten Rota: 1891 vom Golf-Gründervater Old Tom Morris auf dem Gelände einer Pferderennbahn angelegt, im Jahr drauf schon erstmals Gastgeber und heuer zum 16. Mal. Platz drei nimmt das „Feld am Meer“, am Firth of Forth, 73 Kilometer westlich von Edinburgh, damit hinter St. Andrews (28) und Prestwick (24) auf der Rota ein.

Das Clubhaus von Muirfield: Gastgeber der 142. Open Championship. ©: John Mundy | flickr/cc

Das Clubhaus von Muirfield: Gastgeber der 142. Open Championship. ©: John Mundy | flickr/cc

Muirfield gilt als der fairste aller Open-Schauplätze. Sagt sogar die Mehrheit der diesjährigen Claret-Jug-Aspiranten. Tony Jacklin, der 1969 nach 17 amerikanischen Erfolgen in Serie die britische Open-Ehre wieder herstellte und damit zum englischen Volkshelden avancierte, hält Muirfield für „einen der besten, wenn nicht den besten“ Championship-Kurs. „Golf in Muirfield an einem schönen Sommertag, mehr geht nicht!“, schreibt David Worley. „Muirfields große Qualität“, notierte der 2005 verstorbene renommierte US-Golf-Journalist Herbert Warren Wind, „ist seine Ehrlichkeit: Es gibt keine versteckten Bunker, keine abstrusen Wasserläufe, kein missverständliches oder launenhaftes Terrain. Jedes Hindernis ist deutlich erkennbar.“

„Den Platz behandeln wie ein rohes Ei“

So richtig fies ist in Muirfield nur das Rough: Fettes, kniehohes Heidegras, viel unergründlicher als das sonst auf Linkskursen übliche Festuca. Doug Sanders, bei der Open 1966 Zweiter hinter Jack Nicklaus, hat damals gesagt: „Das Preisgeld können sie behalten, ich hätte lieber die Lizenz fürs Heumachen.“

Abgesehen davon präsentiert sich Muirfield bei dieser Open fast überfreundlich: Ok, die Fairways sind durch das anhaltend gute Wetter altbacken wie ein Brotkanten von vergangener Woche und die Bälle rollen nach den Abschlägen, und rollen, und rollen, gern auch mal übers Grün hinaus – aber das ist halt Linksgolf. Dafür scheint die Sonne, und der gefürchtete stramme Küstenwind hält sich noch zurück. Trotzdem: „Den Platz musst du behandeln wie ein rohes Ei“ sagte Jacklin am Auftakttag. „Er ist so hart, so schnell. Also geduldig und vorsichtig sein, defensiv spielen, nicht attackieren. Es ist ein perfekter Test für  Golf.“

Der Open-Schauplatz: Muirfield gilt als fairster Kurs der Rota – nur das Rough …

Der Open-Schauplatz: Muirfield gilt als fairster Kurs der Rota – nur das Rough …

Ach so, eins noch: Gastgeber in Muirfield ist The Honourable Company of Edinburgh Golfers, jene Herrenriege, die 1744 als Gentlemen Golfers of Leigh erstmals ein verbindliches Regelwerk mit 13 Ziffern definierte und aufschrieb. Und bis heute keine weiblichen Mitglieder aufnimmt. Was natürlich anlässlich der Open alle Welt empört. Bloß die Briten selbst nicht so sehr. Die haben sich nämlich seit Hunderten von Jahren in der Freizeitgestaltung mit ihren reinen Herren- und Damenclubs durchaus gemütlich eingerichtet.

The Open Championship im Internet

 
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