Allerlei zum Masters: Die Anfänge …

Ein bockiges Duo macht sein Ding

Das heute als Masters zu fast mystischer Bedeutung verklärte Hochamt im Augusta National Golf Club verdankt seine Entstehung pikanterweise der Starrköpfigkeit des US-Golfverbands USGA, klimatischen Besonderheiten und der Bockigkeit von Bobby Jones und Clifford Roberts. Die Gründerväter von Augusta National wollten auf ihrem schönen neuen Platz am liebsten die US Open austragen. Die finden aber von jeher im Juni oder Juli statt – eine Jahreszeit, in der Georgia unter extrem schwüler Hitze stöhnt. Und weil die USGA partout keine Terminänderung gestatten wollte, schlug Roberts seinem Partner sinngemäß vor: „Dann machen wir halt unser eigenes Ding und laden dazu die besten Golfer, die Masters eben, ein. Ätsch, USGA!“ Das erste „eigene Ding“ stieg am 22. März 1934, irgendwann pendelte sich der Austragungstermin dann auf die erste volle Woche im April ein.

Augusta National: Bestgepflegtester und ganz sicher blütenprächtigster Golfplatz der Welt. Foto: Foto: www.masters.com

Augusta National: Bestgepflegtester und gewiss blütenprächtigster Golfplatz der Welt. ©: masters.com

77 Mal „Invitational“, 72 Mal Masters

Gern wird davon gesprochen, dass 2014 das 78. Masters stattfindet. Doch genau genommen stimmt das nicht. Masters heißt das Wettspiel erst seit 1939. Zuvor wurde es fünf Jahre lang als „Augusta National Invitational“ ausgetragen. Roberts‘ Titel-Vorschlag, ein „Masters“ auszurichten, gefiel Jones nämlich ganz und gar nicht. Der weltbeste Golfer seiner, wenn nicht aller Zeit, ein Typ von bescheidenem Naturell, fand den Namen zu anmaßend, zu protzig. Dem Wesen nach zwar unverändert ein Einladungsturnier, wäre es 2014 also eigentlich erst das 73. Masters.

Ein Major-Emporkömmling

Das Masters wird fälschlicherweise oft als jüngstes der vier Majors angesehen. Doch das Premieren-Jahr 1934 täuscht. In den Anfangsjahren von Augusta galten neben der Open Championship auf den schottischen Linkskursen (seit 1860) und der US Open (seit 1985) die jeweiligen Amateur-Meisterschaften als berühmteste und für eine Spieler-Karriere bedeutendste Turniere. Vor allem die schon seit 1916 ausgetragene PGA Championship erhielt ihren Major-Adelsschlag erst, als Arnold „The King“ Palmer sie 1960 in einem Atemzug mit den beiden Profi-Open und dem Masters nannte. Er wollte nach seinen Triumphen beim Masters und bei der US Open in diesem Jahr einen Grand Slam à la Bob Jones kreieren, aber für Profis und vor allem für sich. Palmer war der dominierende Spieler dieser Jahre und Golfturnier-Spielerei damit endgültig zu einer hauptberuflichen Angelegenheit geworden.

Rücktritt nach dem Grand Slam

Bob Jones ist der bislang einzige Golfer, der alle vier Majors in ein und demselben Jahr gewonnen hat. 1930 war das. Zwei Monate nach dem Vollzug dieses klassischen Grand Slam bei der „US Amateur“ in Merion (27. September 1930) beendete der überzeugte Amateursportler seine Karriere. Es war sein 13. Major-Sieg, fortan wollte er sich nur noch der Familie, den Golf-Geschäften und seiner Anwaltskanzlei in Atlanta widmen. Der Begriff Grand Slam ist übrigens eine „Copyright“-Verletzung: Golf-Journalist O. B. Keeler, der Bobby Jones von Jugend an begleitete, entlieh die Vokabel der Terminologie der Kartenspiele Bridge und Whist (Groß-Schlemm). Das kann man ihm nicht verdenken, nachdem er zuvor den Zungenbrecher „Impregnable Quadrilateral of Golf“ (Unbezwingbares Golf-Viereck) bemüht hatte. Mit so einem Wortungetüm lassen sich nun mal keine Schlagzeilen texten.

Augusta National kurz nach seiner Entstehung: "Es kam mir vor, als habe das Gelände nur auf einen Golfplatz gewartet."

Ein Bild aus den Anfängen: „Es kam mir vor, als habe das Gelände nur auf einen Golfplatz gewartet.“ ©: mib

Liebe auf den ersten Blick

Wenige Wochen nach dem Rücktritt zeigte Börsenmakler Clifford Roberts, der Jones‘ Traum vom idealen Golfplatz kannte, seinem Freund die knapp 150 Hektar große Liegenschaft in Augusta. „Es kam mir vor, als habe das Gelände nur darauf gewartet, dass jemand hier einen Golfkurs baut“, notierte Jones in seiner Autobiographie „Golf is my Game“. 70.000 Dollar kostete die nach Erbschaftsstreitigkeiten und einem geplatzten Hotelprojekt brachliegende Fläche. Hier sollte nun „ein Zufluchtsort“ entstehen, „der vermögenden und dem Golf verbundenen Herren den besonderen Luxus bietet, sich zurückziehen und das Spiel mit Gleichgesinnten aus dem ganzen Land genießen zu können“, schrieb Jones. Das Geld für dieses Refugium im gemäßigten Winterklima Georgias samt Golfplatz von Meisterschaftskaliber sammelten er und Roberts bei ihren Kontakten ein.

Aus „Fruitland“ wurde Augusta National

Wo sich heute der vermutlich bestgepflegteste und ganz sicher blumigste und blütenfarbigste Golfplatz der Welt erstreckt, wuchsen im 19. Jahrhundert noch Indigo-Pflanzen. Ein gewisser Dennis Redmond kam mit dem Rohmaterial für den kostbaren blauen Farbstoff zu einigem Geld und zierte seine Plantage 1854 mit dem ersten aus Zement errichteten Gebäude im amerikanischen Süden. Später wohnten die Berckmans im Herrenhaus.Vater Louis Mathieu Edouard, ein in die USA emigrierter belgischer Baron, und sein Sohn Prosper Jules Alphonse betrieben eine Gartenbau- und Baumschul-Unternehmung und importierten z. B. allerlei Pfirsich-Sorten aus Europa. Ihretwegen nennt sich Georgia auch „The Peach State“. Die Berckmans‘ kultivierten in „Fruitland“ all jene Flora, die später den Golfbahnen von Augusta National ihre Namen gab. Passend dazu erblüht alljährlich zum Turnier rund um die Spielwiesen eine splendide und zauberhafte Flora von Azaleen, Magnolien und und und … Notfalls wird der Blütenpracht übrigens per Heißluftgebläse zur pünktlichen Entfaltung verholfen.

Kongeniales Duo: Bobby Jones (r.), der geistige Vater von Augusta, und sein Baumeister, Dr. Alister MacKenzie.

Kongeniales Duo: Bob Jones (r.), Augustas geistiger Vater, und Baumeister Dr. Alister MacKenzie. ©: mib

Der Baumeister und sein Assistent

Als Baumeister für Augusta National verpflichtete Bob Jones, sozusagen der sportlicher Leiter des ambitionierten Unterfangens, den Schotten Dr. Alister MacKenzie. Der gelernte Mediziner war damals eine richtig große Nummer unter den Golfplatz-Architekten, Schöpfer solcher Prachtkurse wie Lahinch in Irland, Cypress Point und Pasatiempo in Kalifornien oder Royal Melbourne. Und weil „niemand lernen kann, wie man einen Platz entwirft, nur weil er noch so gut Golf spielt“, auch weil MacKenzie in den Nachwehen der Weltwirtschaftskrise eine preisgünstige Bauweise versprach, gab Jones den Assistenten und vollzog mit Schläger und Ball zur Kalibrierung nach, was „The Good Doctor“ auf dem Papier vorgab. 1933 wurde Augusta National eröffnet, aber das erste Großereignis auf seinem Meisterstück erlebte MacKenzie nicht mehr: Er starb im Januar 1934, zwei Monate vor der Premiere des „Augusta National Invitational“. Nach zahllosen Umbauten ist vom Ausgangskonzept der beiden Baumeister übrigens kaum mehr geblieben, als die Grundausrichtung der einzelnen Golfbahnen. Für weitergehend Interessierte hat das US-Magazin Golf Digest eine wirklich großartige Darstellung aller Veränderungen aufbereitet …

Assistent bei der Arbeit: Bob Jones spielte nach, was sich Alister MacKenzie (2.v.l.) ausgedacht hatte. ©: mib

Jones als Zugnummer für Augusta

Um das erste Turnier auf dem neuen Platz kräftig zu promoten, wurde Bob Jones von seinem Partner Clifford Roberts zum Comeback überredet. Der Schachzug funktionierte: Aus 38 Bundesstaaten reisten die Fans zur Augusta-Premiere an, um ihr Idol noch einmal spielen zu sehen. Jones belegte Rang 13 und wäre damit bester Amateur gewesen. Doch er nahm sich aus der Wertung. Weil er sich nicht mehr als Amateurspieler sah, weil er außerhalb des Platzes längst mit Golf Geld verdiente. Während zu damaliger Zeit die Amateure auf den Ergebnistafeln noch mit der Anrede „Mr.“ aufgeführt wurden, galten die Professionals als fahrendes Volk, Vagabunden, Parias. Für Jones war das mit seinen Prinzipien unvereinbar, ein Wechsel ins Profi-Lager überhaupt undenkbar. Aber in Augusta ging der Nationalheld Jahr für Jahr als Turnier-Patron an den Start. Doch die Premieren-Platzierung blieb sein bestes Ergebnis. 1948 zwang ihn der Ausbruch seiner unheilbaren Rückenmarkserkrankung Syringomyelie zum endgültigen Rückzug vom Golf. Robert Tyre Jones Jr., starb am 18. Dezember 1971. Als die Nachricht vom Tod des verehrten Ehrenbürgers in St. Andrews ankam, wurden am Old Course, wo Jones zwei Majors gewonnen hatte, die Flaggen auf Halbmast gesetzt.

Zum zweiten Teil vom Allerlei

Credits:
Das „Allerlei“ entstammt u. a. folgenden Quellen:
– www.masters.com
Bobby  Jones – Golf is my Game, Flagstick Books
 Life & Times of Bobby Jones, Sleeping Bear Press
 Augusta National and The Masters, Sleeping Bear Press
– last, but not least: dem Kopf des Autors
 
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