Flitterwöchner, ein Januskopf & drei Titanen auf Reise

Was vom ersten Masters-Tage übrig blieb …

Wenn das eine Frage ist: Bloß noch die Hälfte der top-gesetzten Spieler! Fünf von zehn Buchmacher-Favoriten haben sich in Runde eins des 78. Masters schon aus dem Rennen ums „Green Jacket“ geschossen. Wahrscheinlich, so sie denn nicht vor dem Cut noch zu großer Form anlaufen. Allen voran die beiden Johnsons, Zach (Sechs über Par) und Dustin (+5). Auch Phil Mickelson, der in Augusta schon drei Mal gewann, gehört nach seiner Auftakt-76 zu den unsicheren Wochenend-Kantonisten. Ebenso Jason Day, der zwar Tipp des Autors war, indes über eine 75er-Umlauf nicht hinaus kam, weil er offenbar immer noch von seinem verletzten linken Daumen malträtiert wird. Das Quintett macht Sergio Garcia voll, der sich bei Zwei über Par aber durchaus noch über die Cut-Linie retten könnte.

Top-Team im Honeymoon

Vorne auf dem Masters-Leaderboard hingegen wandelt Bill Haas mit der Tagesbestmarke von 68 Schlägen für den Par-72-Kurs in familiärer Tradition. Den 31-Jährigen hat nicht wirklich jemand ganz oben auf der Rechnung. Dabei ist Haas erblich erheblich vorbelastet. Sein Vater Jay spielte 22 Masters, seine beiden Onkel Jerry Haas und Dillard Pruitt (mütterlicherseits) traten in Augusta an, und sein Großonkel Bob Goalby durfte sich 1968 sogar in das berühmte grüne Sakko helfen lassen.

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Nur Bruder Jay Jr. ist nicht mehr dabei, den hat Bill vor der Shell Houston Open gefeuert: „Es gibt keinen bestimmten Grund, da steckt auch nichts besonderes dahinter, ich hatte einfach nur das Gefühl, es sei eine Veränderung nötig.“ Der Neue an Haas‘ Tasche, ist ein alter Hase. Scott Gneiser assistierte schon David Toms beim Gewinn der PGA Championship 2001. „Wir sind noch im Honeymoon“, sagte Gneiser zum frischen Verhältnis mit Bill Haas.

Spielverderber lauern

Es gibt freilich ein paar Zeitgenossen, die dem „jungen Paar“ seine Flitterwochen möglichst verderben wollen. Die Verdächtigen sind selbstredend namentlich bekannt und als Spielverderber schon aufgefallen: Titelverteidiger Adam Scott, der 2013 den Argentinier Angel Cabrera im Play-off niederrang und seinen ersten Major-Titel einheimste; US-Natural-Born-Golfer Bubba Watson, der 2012 genau so mit Louis Oosthuizen umsprang und gestern als einziger der 97 Masters-Protagonisten ohne Bogey über die Runde kam.

Und dann ist da noch besagter Oosthuizen selbst, der vor zwei Jahren – auch dank seines Sonntags-Albatros an der Par-fünf-Zwei – schon so nahe dran war. Bis ihn der Natural-Born-Golfer Watson an Loch zehn mit seinem Zauberschlag ums Eck ausknockte. Der Südafrikaner hat mit Augusta und Watson eindeutig noch ein Hühnchen zu rupfen.

Überhaupt blieben am ersten Tag des Masters 2014 nur 19 Protagonisten unter Par und ganze drei unter 70 Schlägen.

Die zwei Gesichter von Augusta National

Apropos rupfen: Augusta National ist ein Januskopf, hat zwei Gesichter. So schön und gepflegt, so charmant und einladend mit seinem satten Grün und dem Gepränge bunter Blüten, so … So lange man nicht drauf spielen muss. Dann offenbart die „Bundesgartenschau“ im US-Bundesstaat Georgia ihre weniger erbauliche Seite. Erst recht nachmittags, wenn Wind aufkommt und die ohnehin marmorglatten Grüns ausgetrocknet und noch schneller, fast unberechenbar flott, sind. „Es ist ein ganz spezieller, ein absolut einzigartiger Platz“, sagte Masters-Debütant Stephen Gallacher, „und es fällt sehr schwer, das aus dem Kopf zu bekommen und sich auf Golf zu konzentrieren. Aber am Ende des Tages ist auch Augusta National nur ein Golfparcours, auf dem Du gut spielen willst.“

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Frag‘ mal Jason Dufner, Luke Donald oder Ryan Moore! Ersterer, als PGA-Champion immerhin Gewinner des letzten 2013er-Majors vor diesem Masters, wurstelte sich eine 80 zusammen und darob erst recht wie ein Koala-Bär mit 20 Blättern Eukalyptus zuviel. Dufner begann solide mit neun Pars, brachte in der Folge indes jede Menge Farbe auf seine Scorekarte, zumeist unerwünschte freilich: Doppel-Bogey an der Zehn, Bogey auf der Elf, sodann eine Neun, auch bekannt als Vierfach-Bogey, für die 13. Mit dem Debakel am Ausgang des Amen Corners war Dufners Masters-Messe gesungen, das Birdie an der 15 und weitere Bogeys auf 16 und 18 fielen nicht mehr sonderlich ins Gewicht.

Luke Donald war eigentlich mit Fünf über Par schon restlos bedient. Doch bevor der Engländer das deprimierende Resultat und damit letztlich ein disqualifizierendes, weil falsches Ergebnis unterschreiben konnte, brummten die Schiedsrichter dem einstigen Weltranglisten-Ersten noch zwei Strafschläge auf: Donald hatte auf Bahn neun nach einem missglückten Schlag und dem dann erfolgreichen zweiten Versuch aus dem Grünbunker mit seinem Wedge den Sand berührt.

 

Ryan Moore schließlich ist das jüngste Opfer des Fluchs, der am Par-drei-Wettbewerb klebt. Noch nie hat der Sieger vom Mittwoch auch am darauf folgenden Sonntag gewonnen. Moore mochte trotz seiner sportlichen Hauptrolle bei Augustas Familienfest von einem schlechten Omen nichts wissen. „Ich wäre stolz, wenn ich als Erster diese Negativserie brechen würde“, beschied er alle Frager. Nach seinem 75er-Start (+3) ist er für nächstes Jahr klüger.

Es ist ja nicht so, als ob ein Par-drei-Gewinner nie nicht Masters-Champion geworden wäre. Sam Snead war zwei Mal beim Kurzplatz-Turnier erfolgreich (1960, 1974) und hängte sich drei „Green Jackets“ auf den Bügel (1949, 1952, 1954). Nur halt nicht im selben Jahr.

Titelverteidiger patzt einmal

So ähnlich ist das mit den Titelverteidigern. Lediglich Jack Nicklaus (1966), Nick Faldo (1990) und Tiger Woods (2002) gelang eine postwendende Wiederholung des Vorjahres-Triumphs. Klar, das Adam Scotts gutes Auftaktergebnis direkt die Mutmaßung aufwarf, ob er sich nun diesem Trio anschließen könne: „Das fragt ihr doch jeden, der als Titelverteidiger her kommt“, erwiderte der Australier. „Darüber denke ich doch gar nicht nach. Es ist noch eine Menge Golf zu spielen, und es sind eine Menge guter Jungs am Start.“

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Den einzigen Patzer einer ansonsten makellosen Darbietung mit fünf Birdies leistete sich Scott übrigens an der Zwölf, dem Herzstück des Amen Corner, als der 33-Jährige seinen Ball in Rae‘s Creek, das Flüsschen vor dem Grün schlug und sich ein Doppelbogey eintragen musste. „Als wir an den Abschlag kamen, war die Begrüßung durch die Zuschauer derartig überwältigend, dass ich etwas den Fokus verloren habe“, sagte Scott. „Unkonzentriertheit kannst Du Dir in Augusta zu keiner Sekunde leisten, das wird sofort bestraft.“

Kleines Biest "Golden Bell": Augusta Nationals Zwölf war zum Auftakt des 78. Masters das zweitschwerste Loch. ©: mib

Kleines Biest „Golden Bell“: Augusta Nationals Zwölf war zum Auftakt des 78. Masters das zweitschwerste Loch. ©: mib

Kleines Biest „Golden Bell“ 

Gerade auf der Zwölf, der „goldenen Glocke“, die gar putzig inmitten der blümeranten Natur liegt (Foto). „Golden Bell“ war gleichwohl das zweitschwerste Loch an diesem Masters-Donnerstag 2014. Nur 43 Prozent der Spieler trafen das Grün beim ersten Schlag. Mit einem Durchschnitt von 3,423 Schlägen wurde das Par drei lediglich von der Elf, der Eingangsbahn ins Amen Corner, übertroffen. Hier waren lediglich 30 Prozent der Akteure nach zwei Schlägen auf dem Grün, der Durchschnittsscore wurde mit 4,474 ausgewiesen.

„Phil the Thrill“ mach seinem Namen Ehre

Phil Mickelson spielte beide Löcher Par. Daran lag‘s beim fünffachen Major-Sieger also nicht. Der Linkshänder hatte sein Waterloo an der sieben, als er sein gechippter Ball das knallharte Grün einmal in ganzer Breite querte, was sich als Triple-Bogey in der Bilanz niederschlug. Dafür lieferte „Phil the Thrill“ auf der Zehn mit einem grandiosen Putt den Schlag des Tages: Auf der Hälfte seines ellenlangen Weges zum Loch bog der Ball fast im rechten Winkel ab und kippte Sekunden später über die rechte Kante in den Becher. So liest man Breaks!

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Aber weil diesem und dem zweiten Birdie auf der 13 noch ein Schlagverlust an der 14 und ein Doppelbogey an der 15 gegenüber standen, muss Mickelson („Ich hatte einen mental nicht besonders guten Tag“) um den Cut bangen.

Zwei ganz starke Ü-50er

Und sonst noch so? Die Oldies natürlich. Fred Couples ist mit einer 71er-Runde als geteilter Zwölfter ziemlich nah an der Musik und fragte hinterher sehr ernsthaft, warum man denn als 54-Jähriger nicht mehr in der Lage sein sollte, nach 1992 noch mal ein Masters zu gewinnen. Der seit Tagen von einer Bronchitis geplagte Bernhard Langer (56), Sieger 1985 und 1993, rettete seinen Even-Par-Durchgang auf der 18 mit einem Putt aus dem Vorgrün. Er belegte nach Tag eins seines 31. Masters den geteilten 20. Rang: „Mir geht‘s wirklich nicht gut, ich habe schon ab Loch sechs keine Energie mehr gehabt und mich nur die Hügel rauf geschleppt.“ Umso beachtlicher ist die Leistung.

Drei Titanen auf wunderbarer Reise

Womit wir dann bei den „Honorary Starters“ sind. Arnold Palmer, Gary Player und Jack Nicklaus (Bild unten, v. l.) haben auch dieses 78. Masters eröffnet. Die Titanen des Spiels bringen es gemeinsam auf 236 Lebensjahre, 34 Majortitel und 13 Augusta-“Grünröcke“.

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Alle drei haben mit ihren Drives das Fairway getroffen, „King“ Palmer mit seinen 84 Lenzen und gut 140 Metern war der kürzeste, „Black Knight“ Palmer legte seinen Ball an die 190-Meter-Marke und musste sich „Golden Bear“ Nicklaus nur um knapp zwei Meter geschlagen geben. „Das war doch nicht schlecht von mir, wenn man bedenkt, dass Jack mich früher stets um mindestens 40 Meter distanziert hat“, schmunzelte Player und fügte an: „Es war in all unseren Golfjahren stets eine wunderbare Reise mit diesen beiden Gentlemen hier!“

Besser hätte man ein Masters nicht eröffnen können. Und damit zum Sport.

 

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