Millionenspiel im einstigen Drogen-Ghetto

Zum Saisonfinale auf der PGA Tour öffnet sich noch einmal das Dollar-Füllhorn über den Golf-Professionals …

Ein Haufen Geld wird am kommenden Sonntag verteilt, wenn mit der Tour Championship im East Lake Golf Club von Atlanta der diesjährige FedExCup und gleichzeitig die Saison 2013/14 der PGA Tour enden: Insgesamt 35.000.000 Dollar, in Worten fünfunddreißig Millionen, schüttet die PGA Tour mit Hilfe ihrer Sponsoren als Boni unter den besten 150 Professionals der Cup-Rangliste aus. Zum Abschluss der Spielzeit gibt’s noch mal nachgerade schubkarrenweise Kohle.

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Nach drei lukrativen Play-off-Veranstaltungen spielen die verbliebenen Top-29 des Saison-Rankings jetzt in der Coca-Cola-Hauptstadt nebst der Turnier-Dotierung von insgesamt acht Millionen auch den Zehn-Millionen-Jackpot für den Gesamtsieger aus (im Bild: US-Open-Champion Martin Kaymer am ersten Abschlag). Laut FedExCup-Statuten sollten 30 Protagonisten sein, aber der Amerikaner Dustin Johnson fehlt, weil er „persönliche Herausforderungen“ zu bewältigen hat.

Die für gewöhnlich gut unterrichteten Kreis wollen freilich wissen, dass „DJ“ schon zum dritten Mal die Nase zu voll genommen und sich Anfang August selbst ausgewechselt hat, um der PGA Tour Koksflecken auf ihrer so peinlichst weiß gehaltenen Weste zu ersparen.

Eigentlich ist das eine andere Geschichte, doch sie passt gut in diese Story.

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Denn: Was für eine Ironie, dass dieses Millionenspiel FedExCup ausgerechnet in einem Stadtviertel seinen Höhepunkt findet, wo vor gut 20 Jahren noch Armut, Drogen und Gewalt die Szenerie beherrschten.

Bobby Jones‘ golferische Wiege

Der East Lake Golf Club hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Er war der Heimatclub von Bobby Jones, der in East Lakes Farben den Grand Slam gewann. Später entstand auf Teilen des Clubgeländes ein sozialer Brennpunkt. Noch später erbarmte sich eine Stiftung und polierte Golfclub wie Vorort zu neuem Glanz auf.

Alles begann 1899, als ein gewisser Asa Griggs Candler jede Menge Land rund um den East Lake aufkaufte, der nur sieben Kilometer von Downtown-Atlanta entfernt liegt. Der Mann begann als Drogerie-Verkäufer, bevor er dem Apotheker John Pemberton das Rezept eines koffeinhaltigen Brausegetränks abkaufte, dass ihn als Coca-Cola zum zigfachen Millionär machte.

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Jedenfalls veräußerten Candlers Makler 1902 rund 113 Hektar an den 1898 gegründeten Atlanta Athletic Club (AAC), der sich einen Country Club bauen wollte. Inklusive eines Golfkurses, für den der Architekt Tom Bendelow angeheuert wurde. Als der Platz 1908 eröffnet wurde, war unter den Mitgliedern auch Rechtsanwalt Robert Purmedus Jones mit seinem sechsjährigen Sohn Bobby Jr., der fortan hier das Spiel erlernte, zum größten Golfer seiner, wenn nicht aller Zeiten wurde und von 1946 bis ’47 selbst Club-Präsident war.

Vom Milieu überwuchert

Richtig ernst wurde es am East Lake mit dem Golf aber erst, als der Design-Grande Donald Ross Bendelows Layout 1913 gründlich überarbeitete und 1930 einen zweiten Platz fertig stellte. 1963 richtete der AAC sogar den Ryder Cup aus. Doch weil die gutbürgerliche Nachbarschaft zunehmend in den prosperierenden Nordwesten Atlantas abwanderte, flüchtete 1966 auch der AAC, nicht ohne zuvor das Gelände des zweiten Golfkurses an eine Immobiliengesellschaft verkauft zu haben.

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Den Hauptplatz samt Klubhaus hingegen übernahm eine Gruppe von 25 Mitgliedern. Sie reüssierten 1968 als East Lake Golf Club. Doch der Niedergang war nicht aufzuhalten. Auf den 20 Hektar des zweiten Platzes wurden 650 Wohneinheiten für einkommensschwache Familien errichtet, die Kriminalität grassierte, der Vorort verkam vollends zum Ghetto, und der Golfclub verfiel in den Dornröschenschlaf, vom Milieu überwuchert. „Aus dem einst stolzen East Lake war ein müder, meist vergessener Golfplatz geworden“, heißt es in den Club-Annalen.

Hommage an East Lakes berühmten Sohn

Bis 1993 der Immobilien-Entwickler und glühende Bobby-Jones-Verehrer Tom Cousins auftauchte, um seine Vision einer Hommage an den großen Golfer in die Tat umzusetzen und dabei gleich den ganzen Stadtteil zu reanimieren. Cousins hatte in den 40er-Jahren selbst in East Lake gespielt, jetzt möbelte dank seiner Initiative die East Lake Foundation den Golfclub wieder auf.

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Das Clubhaus wurde nach den Originalplänen instand gesetzt und ist, vollgestellt mit allerlei Memorabilia, auch ein Jones-Museum (Bild). Der Architekt Rees Jones – Nomen est Omen – brachte `94 den Bendelow-Ross-Platz wieder auf Vordermann und baute unentgeltlich noch einen öffentlichen Kurs. Ein Caddie-Programm und eine Junior-Golf-Akademie wurden etabliert, um die Nachbarschaft einzubeziehen und soziale Verantwortung zu übernehmen. Zuguterletzt ließ die East Lake Foundation den sozialen Wohnungsbau schleifen und baute Stadthäuser für gemischte Einkommensschichten, eine Grundschule und andere Einrichtungen.

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Die Renaissance des Golfclubs war für all das der Katalysator. Und ist bis heute ein Gewinn für das neu erblühte East Lake: Denn der Club führt seine Erlöse komplett an die Stiftung ab. Über 20 Millionen Dollar bislang, die sämtlichst wieder in die Entwicklung des Stadtteils investiert wurden.

(Dieser Text erschien in verkürzter Fassung bereits auf Golf Post – Das deutsche Online Golf-Magazin)
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