Als Medialer bei der Porsche European Open in Bad Griesbach, Teil zwei …
Zopf und Zigarre, Embonpoint und Maßschuhe: Ja sicher, da braucht‘s nicht mal ein Gesicht: Miguel Ángel Jiménez! Den „interessantesten Golfer der Welt“ nennen ihn die einen, einen Dandy-Golfer die anderen. Wie auch immer, Jiménez mit seiner Leidenschaft für Cohiba, Rioja und Ferrari ist, ohne Frage, ein gepflegter Anachronismus.
Man kann geteilter Meinung über den Hedonismus sein, mit dem er sich – gewiss sehr bewusst – auf Fairways und Grüns selbst inszeniert. Aber er tut es stilvoll; mir persönlich ist das allemal lieber, als all die ebenso schreiend bunten wie hässlichen „Plünnen“, die neuerdings als „Must-Have-Outfit“ zur Schau getragen werden. Und der 51-Jährige spielt trotz Bäuchleins (Embonpoint) und Lebemann-Attitüde immer noch verdammt gut Golf. Als zweitbester Iberer in der Weltrangliste (Platz 64) bildet er momentan mit Sergio Garcia Spaniens Olympia-Golfteam.
Fette Zigarre im Olympia-Dorf
Während ich Jiménez am Rande des Putting-Grüns bei der Einstimmung auf seine zweite Runde beobachte, erinnere ich mich daran, dass er neulich über eine mögliche Teilnahme in Rio 2016 gesagt hat: „Stell dir vor, Miguel Ángel Jiménez spaziert mit einer dicken fetten Zigarre mitten durchs Olympische Dorf und zwischen all den Athleten herum. Das würde mir gut gefallen.“ Uns Golffans auch!
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Wenn einer im golferischen Seniorenalter auf der Standard-Tour noch ordentlich mitmischt und zudem seine Lockenpracht bei sportlicher Ertüchtigung als Pferdeschwanz trägt, dann drängt sich die Metapher vom „alten Zopf“, der keineswegs gekürzt gehört, förmlich auf. Gleiches gilt für Bernhard Langer, sieben Jahre älter als Jiménez und seit Jahr und Tag mit nackenlanger Naturwelle. Die beiden Altmeister haben sich auf dem Beckenbauer-Kurs zu Bad Griesbach souverän unter dem Cut durchgespielt und verleihen der European Open auch am Wochenende publikumswirksamen Glanz.
„Proud to be back“
Porsches Einstieg in den Profi-Golfsport reanimiert ein Turnier, das nicht arm an Tradition, aber an finanzieller Ausstattung war. Seit 2009 lag die European Open im Dornröschenschlaf, nach 30 erfolgreichen Jahren, in denen sich nebst Bernhard Langer (1985, 1995) allerhand Arrivierte in die Siegerlisten eintrugen: Sandy Lyle, Tom Kite, Nick Faldo, Darren Clarke, Greg Norman, Retief Goosen, Lee Westwood.
Kein Wunder, dass überall auf der Turnierwerbung der Slogan „Proud to be back“ prangt. In gemeinsamer Anstrengung hauchen das Hartl Resort in personam seines Hauptgesellschafters Hans-Dieter Cleven, der Schweizer Sportvermarkter „4Sports“ sowie die Zuffenhausener Bolidenschmiede als Titelsponsor der verwaisten European Open Leben und Glanz ein, nach klangvollen Schauplätzen auf der britischen Insel, Walton Heath, Sunningdale, K-Club, London Golf Club und sogar Turnberry jetzt in Bayern, für vorerst drei Jahre.
Die European Tour sieht‘s mit „großem Vergnügen“ (CEO Keith Pelley), durch das Matchplay von „4Sports“-Klient Paul Lawrie in Aberdeen, die Porsche European Open und demnächst noch Ian Poulters British Masters in Woburn beleben drei „Newcomer“ die europäische Turnier-Brache, nach der Finanzkrise tut sich wieder was im Kernbezirk der Tour.
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Eine Driving Range kann ganz schön frustrierend sein. Nicht nur, wenn es um den stundenlangen eigenen Trainingseifer und dessen mögliche Früchte geht. Selbst als Zaungast am Übungsareal des Beckenbauer-Kurses schleicht sich angesichts der munter schwingenden Tour-Cracks der eine oder andere melancholische Gedanke ein. Golf sieht sooo einfach aus, warum klappt das bloß bei mir nicht?
„Blödsinn“, haut mir Frank Adamowicz auf die Schulter, „schau lieber genau hin!“ Der einstige Bundestrainer, in St Leon-Rot und mit seinen vielfältigen Aktivitäten längst zum Kult-Coach avanciert, sagt nämlich, dass sich Amateure von den Professionals sehr wohl was abgucken können: „Exakt zwei Dinge! Erstens den Rhythmus; siehst Du, wie langsam sie in Wirklichkeit schwingen, vor allem beim Rückschwung?“ Zweitens, dass Golf sehr individuell sei. „Jeder Schwung ist anders. Also: Viel lernen, aber nicht alles nachmachen!“ Spricht’s und interviewt Charl Schwartzel, den südafrikanischen Masters-Sieger von 2011.
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Was haben der ältere Herr im Bild vorne rechts und Joost Luiten (hinten links) gemeinsam? Antwort: Sie haben das Schlussloch von Luitens zweiter Runde quasi gemeinsam gespielt. Denn der in Richtung Fahne geschlagene Ball des Niederländers segelte links am Grün vorbei und tropfte auf den Pullunder bewehrten Bauch des Seniors. Eintreffwinkel, Leibeswölbung und ein gütiges Geschick ließen die weiße Kugel in Richtung Fahne abprallen, per „Texas-Wedge“ verhinderte Luiten Schlimmeres als das letztliche Doppelbogey und rettete sich mit „Eins über Cut“ (-4) ins Wochenende, den „Lucky Belly Bounce“ freilich hatte er gar nicht mitbekommen – nicht mal aus dem Bauch heraus…
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Aus Atlanta schließlich, wo bei der Tour Championship gerade der FedExCup-Bonustopf von zehn Millionen Dollar ausgespielt wird, erreicht uns diese Stellungnahme von Rory McIlroy, der halt sagt, was er denkt: „Glücklicherweise bedeutet mir mittlerweile so ein Haufen Geld nichts mehr.“ Wohl dem, der‘s hat… Schönes Wochenende!